Die EULE-ORGEL in Berlin-Spandau
PLANUNG
Der Orgelneubau sollte musikalisch und raumgestalterisch der Bedeutung
der im 15. Jahrhundert vollendeten Hallenumgangskirche entsprechen,
die zum Ursprung der Reformation in Berlin-Brandenburg wurde. Die Baugeschichte
der St. Nikolai-Kirche und ihrer ehemaligen Orgeln, vor allem des zweimanualigen
Werkes von Joachim Wagner, sollten das Konzept der neuen Orgel wesentlich
mitbestimmen; dennoch war ein modernes, zeitgemäßes Instrument
geplant, das neben den liturgischen Erfordernissen auch die Anforderungen
eines Konzertinstrumentes erfüllen muß.
Joachim Wagner, zwei Jahre Geselle bei Gottfried Silbermann, hat eine
Variante des sächsischen Stils nach Berlin-Brandenburg gebracht,
der von Schülern und Enkelschülern bis weit in die zweite
Hälfte des 19. Jahrhunderts gebaut wurde. Das dem Meister des Barock
verpflichtete Werk sollte drei Manuale mit Pedal umfassen.
Während das I. und II. Manual vorrangig die klanglichen Elemente
Joachim Wagners aufgreift, steht das dritte Manual in der Mensuration
an der Schwelle des 18. und 19. Jahrhunderts, wie sie bei frühen
Werken Friedrich Ladegasts zu finden ist. Auch er prägte die Spandauer
Orgelgeschichte wesentlich mit.
Die Ausführung des Orgelbaus sollte in allen Teilen den Erfordernissen
kunsthandwerklichen, individuellen Schaffens entsprechen.
Mit der Grundforderung nach einem Instrument unserer Zeit entstand ein
Werk, bei dem auch die Orgelgeschichte von St. Nikolai spürbar
bleibt.
GESTALTUNG
Burkhart Goethe:
Anders als bei sonstigen Bauwerken wird das Äußere einer
Orgel fast ausschließlich von der Funktion geprägt. Schließlich
ist es nicht ein architektonischer Körper "per se", sondern
in erster Linie ein Musikinstrument. Die dadurch geprägten, gestalterischen
Präliminarien sind Anregung und Fessel zugleich: Eben keine weitgehende
gestalterische Freiheit, sondern eine vorgegebene Richtschnur durch
Trakturverläufe, Pfeifenaufstellung, Klangabstrahlung, Klimabeständigkeit
und vieles andere mehr.
rundidee für die innere und äußere Struktur der neuen
Orgel in St. Nikolai war denn auch nicht die vollkommene Nachbildung
der 1734 erbauten Orgel Joachim Wagners, sondern lediglich eine Anlehnung,
eine Reminiszenz an dieses großartige, 1880 wieder entfernte Werk.
Ziel des klanglichen wie optischen Entwurfes sollte ein Instrument aus
dem letzten Dezennium dieses Jahrhunderts sein, welches nicht den heute
oft üblichen "europäischen Einheitsstil" verkörpert,
sondern ganz bewußt regionale Bindungen schafft und hier besondere
Akzente setzt.
DISPOSITION