Wo ist mein Zuhause?

Reisen in die Vergangenheit

Jan: Grünes Pferd und Reiter am roten Zuhause
Bad Sulza, 07.10.2018. In den letzten beiden Jahren habe ich verschiedene Reisen unternommen. Sie galten meiner "Vergangenheit", u.a. in Büren, Halberstadt, Dresden, Berlin.

Ich habe oftmals angesetzt, ein Tagebuch zu schreiben, bin aber über Ansätze nie hinaus gekommen. Ein Tagebuch wäre sicher geeignet, um meine Gedanken und mich selbst zu ordnen. Aber ich war und bin wohl zum Aufschreiben zu träge, unstet, „unordentlich“. Vielleicht auch zu unbegabt. Allerdings habe ich immer viel "elektronische Post" geschrieben, die einen kleinen Einblick in mich geben könnte. Diese "Ergüsse" sind aber kaum noch vorhanden oder auf uralten Festplatten verstreut. Es würde sicher große Mühe machen, sie zusammen zu suchen, zu ordnen, zu kommentieren, um eine Art „Biografie“ daraus zu machen. Für das Nicht-Schreiben eines Tagebuches oder einer Biografie habe ich immer die Ausrede, dass ich dafür die Dauer eines zweiten Lebens benötigen würde.

Und so habe ich den Begriff „Vergangenheitsprojekt“ erfunden, wo ich bestimmte Personen oder Orte kurz besuche, und manchmal eine Bildgeschichte dazu schreibe. So komme ich immer mal wenigstens kurz von meinen Programmierarbeiten weg, die schon wegen des dauernden Sitzens vor dem PC ungesund sind.
Jorgel (ich) mit Schwesterchen Stephie im Kurpark Bad Kösen (1950)
Obwohl ich mich bei meinem Programmieren (die letzten Jahre meist Personal- und Internet- Projekte) sehr „zu Hause“ fühle, wird mir doch klar, dass ich ganz sicher in der IT - Welt mit nun 73 Jahren kaum noch gebraucht werde, und dass hinter diesen zwar kreativen Arbeiten wahrscheinlich eher eine Art egoistische Spielsucht steckt.

Gerade habe ich ein neues (NAS-) Gerät gekauft, u.a. zur sichereren elektronischen Speicherung von Tausenden von schlecht sortierten Fotos. Da ich aber befürchte, dass das Arbeiten mit den vielen neuen und alten (eingescannten) Fotos mir den Rest meiner verbleibenden Lebenszeit durch weiteres Sitzen am PC rauben könnte und dass sicherlich nach meinem Ableben doch einfach alles „entsorgt“ wird, bin ich mit diesen „biografischen Bild - Arbeiten“ auch nicht sonderlich eifrig. So beschränkt sich meine „schriftstellerische Tätigkeit“ lediglich auf Projektchen, wie die Anfertigung von kleinen Präsentationen für bestimmte, z.B. feierliche, Anlässe.

Da ich mich, wahrscheinlich aus Kindheits-psychologischen Gründen, mit dem Ort, wo Beate und ich (nun auch mit der zu betreuenden Schwiegermutter) schon fast 8 Jahre wohnen, nicht besonders anfreunden kann, obwohl die Natur hier sicher sehr reizvoll ist („wo andere Urlaub machen“) und gute Verkehrsanbindungen bestehen, u.a. nach Halle, Erfurt, Weimar, Jena (unsere neue Pfarrgemeinde), möchte ich „dauernd woanders hin“. Wohin, das ist mir eigentlich nicht klar. Bautzen, das reizvolle „Klein - Nürnberg“, woher Beate stammt, hätte vielleicht so ein Ort sein können...

Vogel und Ehepaar mit Kind am neuen Haus
Auf jeden Fall stelle ich mir oft die Frage, an welchem Ort ich - ein Kind von Kriegs-Flüchtlingen aus Breslau - eine Art Heimat hätte. Ich gehe manchmal an Orten vorbei, die in meiner frühen Kindheit eine Rolle gespielt haben. Doch kenne ich da niemanden mehr, außer auf den Friedhöfen. In der Nähe sind das Naumburg, wo ich in den letzten Kriegstagen geboren bin, und Bad Kösen, wo ich bei den ebenfalls geflüchteten Großeltern manchmal „abgegeben“ wurde. Dorthin habe ich schöne Erinnerungen. Weniger trifft das auf den jetzigen Wohnort zu. Hier in der Tierarztpraxis des Onkels war es zwar schon wegen seiner Autos interessant, aber es herrschte eher ein „Offiziers - Befehlston“. Und eigentlich bin ich sogar noch als Rentner wieder vom Onkel "befohlen" worden, nämlich in sein Haus (und Erbe). Sicher sollte ich eher dankbar sein!

Obwohl es Beate in Haus und Garten, auch manchmal mit den Kindern oder Enkeln, hier ganz gut gefällt, bleibe ich immer etwas unzufrieden, denn allein das große Eckgrundstück von ca. 1900 wird wohl in Zukunft für mich immer weniger körperlich und finanziell zu bewältigen sein! Daher also auch meine „Unruhe“. Der Kirchenlehrer Augustinus meint dazu: „Unruhig ist unser Herz bis es ruht in dir“. (Mein Vater verwendete dieses Zitat oft). Meint Augustinus mit „dir“ Gott oder einen Menschen, meint er den „Herzstillstand“ oder „innere Ruhe“ schon zu Lebzeiten? Freilich kann man, vielleicht weniger an irgendwelchen Orten, bei verständnisvollen, humorvollen Menschen Ruhe finden... Augustinus aber meint natürlich Gott als den Ruhepol und gleichzeitig den Dreh- und Angelpunkt des Universums!

Flur bei Müller - Eltern mit rotem Sofa in Harzgerode Neudorfer Weg
Ich wollte in diesem Schiftstück etwas sagen zum Begriff „Zuhause“ und zu meinen „Vergangenheitsprojektchen“. Über einen Umweg bin ich auf diese Idee gekommen: Es fiel mir ein Büchlein in die Hand, wo gleich am Anfang etwas zum sächsischen Dialekt und zu den Sachsen gesagt wird: Titel „Dr Geenij“. (Was könnte das heißen, bedeuten?) Schließlich habe ich ja etwa ein Jahrzehnt „unter Sachsen“ in Dresden verbracht, wenn gleich ich im Dialekt vorher schon einen westfälischen Einschlag (Gymnasium in Büren/Westfalen) hatte oder davor eine Harzgeröder Intonation (Grundschule) oder später dann etwas Berlinerisch Dialekt (36 Jahre mit Familie) dazu kam.

Während die Eltern uns Kinder immer zu „gutem Deutsch“ angehalten haben, war bei ihnen ein leichter Breslauer Dialekt mit schlesischen Ausdrücken bis zu ihrem Lebensende nicht zu überhören. Sächsisch hingegen, meinte Mutter, sei kein Dialekt sondern eine „Verirrung“.

Dieser Meinung wollte ich mich schon aus jugendlicher Protesthaltung beileibe nicht anschließen, und ich versuche bis heute immer noch fleißig, Sächsisch zu „imitieren“! Dass das aber „goarni hinhaun gann“, wird in „Dr Geenij“ behandelt. Doch das, wie gesagt, ist Gegenstand einer weiteren kleinen Notiz von mir.

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